Einstieg
Heute möchte ich mich auf einen Artikel aus dem Jahr 20223 beziehen, den Mark Poppenborg im Projektmagazin veröffentlicht hat mit dem Titel: „OKR – Agilitäts-Booster oder Klotz am Bein?“ ! Ein Szenario, das vielen Unternehmen bekannt vorkommen dürfte: Die Einführung eines neuen Frameworks, das letztlich alte Muster wie „Command and Control“ unter einem neuen Namen fortführt. Poppenborg sieht OKRs kritisch und argumentiert, dass die Methode die Agilität einer Organisation eher behindert, als sie zu fördern, insbesondere weil sie oft zu einer internen Kaskadierung von Zielen führt, die nicht auf die dynamische Umwelt ausgerichtet ist.
Diese Kritik ist durchaus berechtigt, wenn OKRs falsch eingesetzt werden. Jedoch greift sie zu kurz, wenn man die Methode in ihrem eigentlichen Sinn versteht: als ein Werkzeug, das strategische Orientierung mit Flexibilität und Lernfähigkeit verbindet. Es geht bei OKRs nicht um rigide Zielvorgaben, sondern um die Schaffung eines Rahmens, der sowohl Orientierung als auch Anpassungsfähigkeit ermöglicht – und damit genau die Lücke schließt, die nicht nur in agilen Organisationen oft fehlt.
Warum OKRs keine Kontrollmechanik sind
OKRs, richtig verstanden, sind kein Vehikel für eine Top-Down-Steuerung, sondern ein Mechanismus, um Alignment und Fokus zu schaffen. Sie bieten Teams die Möglichkeit, ihre Ziele selbst abzuleiten und diese regelmäßig zu überprüfen. Der Unterschied zu herkömmlichen Zielsystemen liegt in der Offenheit für Veränderung: OKRs erlauben Anpassungen an neue Realitäten, fordern aber auch Verbindlichkeit über einen definierten Zeitraum hinweg. (Quartal)
Das Missverständnis, das M.Poppenborg beschreibt, entsteht häufig dann, wenn Unternehmen OKRs als Ersatz für traditionelle Hierarchien einsetzen. Statt Silos aufzubrechen, werden alte Strukturen in eine neue Sprache verpackt. Doch genau hier liegt die Herausforderung: OKRs erfordern einen Kulturwandel, der Transparenz, Eigenverantwortung und iterative Lernprozesse fördert.
Oder anderes, der Kulturwandel kann durch OKRs inspiriert werden, indem die Organisation gemeinsam erkennt, dass erst durch die Transparenz in den Zielen, die eine gemeinsame Marschrichtung Fokus auf das Wichtigste erst ermöglicht.
OKRs als Schlüssel für Alignment und Fokus
Ein großes Problem in vielen Unternehmen ist das Fehlen einer klaren strategischen Ausrichtung, die in den Teams wirklich ankommt. Besonders in agilen Organisationen, die in einem dynamischen Markt agieren, droht oft die Gefahr des Chaos: Teams verfolgen ihre eigenen Ziele, ohne eine gemeinsame Richtung.
Hier kommen OKRs ins Spiel. Sie schaffen einen Rahmen, der:
- Strategische Orientierung bietet, indem langfristige Unternehmensziele heruntergebrochen werden.
- Flexibilität ermöglicht, da Ziele als Hypothesen betrachtet werden, die überprüft und bei Bedarf angepasst werden können.
- Prioritäten klärt, indem unwichtige Arbeiten depriorisiert oder gar nicht erst gestartet werden.
Poppenborgs Kritik: Ein Missverständnis?
Poppenborg argumentiert, dass OKRs die Agilität einschränken, indem sie Teams auf interne Ziele fokussieren. Doch genau das Gegenteil ist der Fall, wenn die Methode richtig eingesetzt wird. OKRs fördern den Dialog über Prioritäten und helfen Teams, ihre Arbeit an den Marktbedürfnissen auszurichten.
Natürlich können OKRs, wie jedes Werkzeug, missbraucht werden. Wenn sie zur Mikromanagement-Methode verkommen, verlieren sie ihre Wirkung. Doch das ist kein Fehler der Methode, sondern ein kulturelles Problem sowie ein Umsetzungsproblem. Richtig eingesetzt, sind OKRs ein mächtiges Werkzeug, um Organisationen strategisch und agil auszurichten.
Und ich ergänze – nicht einmal die Agilität ist notwendigerweise ein Ziel oder notwendiger Bestandteil. Entscheidend ist lediglich, dass die Organisation verstanden haben muss, dass die iterative Anpassung der Ziele die notwendige Reaktionsfähigkeit der Organisation auf Veränderungen stärkt.
Flexibilität und Verbindlichkeit: Die richtige Balance finden
Poppenborg befürchtet, dass OKRs durch ihre Struktur starre Prozesse fördern. Doch das Gegenteil ist der Fall: Flexibilität und Verbindlichkeit sind kein Widerspruch, sondern Kern agilen Arbeitens. OKRs erlauben es, Hypothesen über einen definierten Zeitraum zu testen und aus den Ergebnissen zu lernen. So bleibt die Organisation beweglich, ohne ins Chaos zu verfallen.
Fazit: Warum OKRs mehr als „alter Wein in neuen Schläuchen“ sind
OKRs sind kein Allheilmittel, aber sie sind auch keine Sackgasse. Sie sind ein Werkzeug, das Orientierung und Flexibilität vereint, Teams dabei hilft, ihre Arbeit am Kundenwert auszurichten und Organisationen ermöglicht, sich iterativ zu verbessern.
Die eigentliche Frage ist: Wie nutzt man OKRs so, dass sie nicht als Kontrollmechanik, sondern als Treiber für echte Agilität wirken?
Welche Erfahrungen hast du mit OKRs gemacht? Sind sie in deiner Organisation eher Booster oder Klotz am Bein?